Image
28. Juni 2022 | INTERVIEW | DECA CONTINUOUS

Richard Jung: „Ich bezeichne mich als Wohlfühlsportler“

Mit der Weltmeisterschaft kehrt auch der Weltmeister zurück. Richard Jung tritt 2022 am Swissultra in Buchs wieder an. Dies mit zwei Weltmeistertiteln und Weltbestzeiten im Gepäck. Weshalb sich der 40-jährige Deutsche dennoch nicht als Wettkampftyp bezeichnet.

28. Juni 2021 | INTERVIEW | DECA CONTINUOUS

Richard Jung: „Ich bezeichne mich als Wohlfühlsportler“

 

Image

Mit der Weltmeisterschaft kehrt auch der Weltmeister zurück. Richard Jung tritt 2022 am Swissultra in Buchs wieder an. Dies mit zwei Weltmeistertiteln und Weltbestzeiten im Gepäck. Weshalb sich der 40-jährige Deutsche dennoch nicht als Wettkampftyp bezeichnet.

RICHARD

 JUNG

*1982 | GERMANY

 

Richard Jung (*1982) ist zweifacher Ultratriathlon-Weltmeister. Der Deutsche wohnt mit seiner Frau und Tochter in Lörrach. Für die Weltmeisterschaft im Deca Continuous 2022 kehrt er nun wieder nach Buchs zurück. Am Swissultra teilgenommen, hat er bereits 2018 und 2016.

Richard, du bist dieses Jahr wieder am Swissultra dabei. Das letzte Mal war 2018, wegen Corona hat sich diese zweijährige Pause leider verdoppelt. Wie sehr freust du dich, dass es nach vier Jahren nun endlich wieder klappt?

Ich freue mich auf jeden Fall! Einige Wettkampferinnerungen gehören für mich zu den schönsten des Jahres 2018. Der Wettkampf hat für mich etwas Entschleunigendes. Bei der Arbeit beispielsweise habe ich manchmal zehn Sachen gleichzeitig auf der To-Do-Liste. Beim Wettkampf aber muss ich nur im Kreis rumfahren, -laufen oder -schwimmen. Ich geniesse die Zeit mit mir selbst, um nachzudenken, draussen zu sein und meine Seele zu spüren. Der Swissultra ist aber auch sehr gesellig. Wir Athleten erhalten viel Anerkennung von den Fans. So viel Lob erhalte ich bei der Arbeit in einem ganzen Jahr nicht.

Du bist bereits zweifacher Ultratriathlon Weltmeister, 2013 im Double und 2014 im Triple. Nun trittst du dieses Jahr bei uns an der Weltmeisterschaft im Deca Continuous an. Steht jetzt dieser Titel auf der To-Do-Liste?

Nein. Ich bin noch nie an den Start gegangen und hab gesagt: «Ich muss gewinnen!» Mein Anspruch ist auch nicht, mich tagelang zu quälen. Zum Glück musste ich noch nie ein Rennen abbrechen. Ich bezeichne mich als Wohlfühlsportler. Denn für mich ist es schön, einen Wettkampf zu bestreiten und auszuprobieren wozu man in der Lage ist. Ich habe auch noch nie einen Trainingsplan gehabt oder einen Ernährungsplan befolgt. Der Sport soll mein Leben bereichern und nicht kontrollieren. Allgemein mag ich es nicht, dass in unserer Kultur oft eine Rhetorik des Müssens herrscht.

Richard, du bist dieses Jahr wieder am Swissultra dabei. Das letzte Mal war 2018, wegen Corona hat sich diese zweijährige Pause leider verdoppelt. Wie sehr freust du dich, dass es nach vier Jahren nun endlich wieder klappt?

Ich freue mich auf jeden Fall! Einige Wettkampferinnerungen gehören für mich zu den schönsten des Jahres 2018. Der Wettkampf hat für mich etwas Entschleunigendes. Bei der Arbeit beispielsweise habe ich manchmal zehn Sachen gleichzeitig auf der To-Do-Liste. Beim Wettkampf aber muss ich nur im Kreis rumfahren, -laufen oder -schwimmen. Ich geniesse die Zeit mit mir selbst, um nachzudenken, draussen zu sein und meine Seele zu spüren. Der Swissultra ist aber auch sehr gesellig. Wir Athleten erhalten viel Anerkennung von den Fans. So viel Lob erhalte ich bei der Arbeit in einem ganzen Jahr nicht.

Du bist bereits zweifacher Ultratriathlon Weltmeister, 2013 im Double und 2014 im Triple. Nun trittst du dieses Jahr bei uns an der Weltmeisterschaft im Deca Continuous an. Steht jetzt dieser Titel auf der To-Do-Liste?

Nein. Ich bin noch nie an den Start gegangen und hab gesagt: «Ich muss gewinnen!» Mein Anspruch ist auch nicht, mich tagelang zu quälen. Zum Glück musste ich noch nie ein Rennen abbrechen. Ich bezeichne mich als Wohlfühlsportler. Denn für mich ist es schön, einen Wettkampf zu bestreiten und auszuprobieren wozu man in der Lage ist. Ich habe auch noch nie einen Trainingsplan gehabt oder einen Ernährungsplan befolgt. Der Sport soll mein Leben bereichern und nicht kontrollieren. Allgemein mag ich es nicht, dass in unserer Kultur oft eine Rhetorik des Müssens herrscht.

 Welches Ziel hast du dir für den Swissultra stattdessen gesetzt?

Ich möchte mich für den Swissultra besser vorbereiten als sonst. Weil der Sport bei mir auf der Prioritätenliste eben nicht ganz oben ist, komme ich nicht mehr regelmässig zum Laufen, Radeln oder Schwimmen. Das möchte ich nun hinkriegen. Das zweite Ziel wäre im Idealfall: schneller zu sein als beim letzten Mal. Ich glaube, ich habe gute Chancen, als Erster ins Ziel zu kommen. Aber ich möchte vor allem Freude am Wettkampf haben.

richard_jung_2-1.jpg
Beim Rundendrehen: Hierbei kann Richard Jung die Zeit vergessen.
Robert Vuketic, Teilnehmer Quintuple, mit dem Organisationskomitee des Swissultra Triathlons
Auf dem Rad fühlt er sich wohl: Schon seit Kindheit fährt Richard Jung viel Rad.

Scheint so, als wärst du eigentlich gar nicht der Wettkampf-Typ?

Wettkämpfe sind für mich nicht wahnsinnig zentral. Es hat etwas irrsinniges, im Kreis rumzufahren nur um dem Ego zu zeigen, dass man schneller als die anderen ist. Es macht mich eher stolz, dass ich bis heute nur selten das Auto den Zug oder andere technische Transportmittel brauche, sondern die Strecken sozusagen auf eigenen Beinen absolviere. Das war schon als Junge so. Meine Geschwister haben sich von unserer Mutter kutschieren lassen. Ich wollte das selbst hinkriegen, bin gelaufen oder geradelt und war damit selbstständiger und unabhängiger.

Dann machst du eher deinen Alltag zum Wettkampf?

Ja, ich finde es persönlich sinnvoller, den Sport alltagspraktisch einzusetzen. Ich gehe mit dem Rad zur Arbeit bei jedem Wetter. Einmal bin ich bei Minus 30 Grad über die schwäbische Alb geradelt und das Augenwasser fror mir ein. Ich mag diese Extreme. Auch in den Urlaub bin ich häufig mit dem Fahrrad gefahren, zu Freunden nach Istanbul, Berlin oder Barcelona. Und während dem Studium fuhr ich einige Male noch abends acht Stunden von Tübingen nach Basel, weil dort meine heutige Frau wohnte. Das waren über 200 Kilometer.

Ein richtiger Challenge-Man. Hast du dir einmal etwas vorgenommen und es nicht geschafft?

Gute Frage. Ich scheitere regelmässiger im Alltag. Sei es mit den eigenen Ansprüchen oder beim Ordnung halten. Es sind subtilere Challenges, die man nicht so klar kontrollieren kann. Häufig verliere ich mich in Details. Im Sport aber nicht, da passen bislang Ansprüche und Leistungen wunderbar zusammen.

Image
Die Letzte Runde: Der Deca Continuous 2018 ist bald geschafft!
Image
Es ist vollbracht: Richard Jung jubelt über seinen Erfolg.

Dann drücken wir die Daumen, dass du auch deine sportlichen Ziele für den Swissultra erreichst. Als Weltmeister setzen sicher viele auf dich. Wie stolz bist du persönlich auf diesen Titel?

Ehrlich gesagt glaube ich, dass dieser Titel an mir verschwendet ist. Titel sind aber auch inflationär. Beim Ersten ist es etwas Besonderes. Beim Zweiten heisst es dann schon: «Ich hab eh nichts anderes erwartet» und beim dritten Titel: «Ja klar bist es du!». Man kann gar niemanden mehr beeindrucken. Ich mache aber auch kein grosses Ding aus meinen Weltmeistertiteln. Meine Nachbarn und ein paar Arbeitskollegen wissen, dass ich Weltmeister bin, aber sonst glaube ich nicht viele.

Diesen Monat kommt noch ein weiterer «Titel» oder vielleicht eher eine «Marke» hinzu. Du wirst 40 Jahre alt. Was löst das in dir aus?

Ich bin stolz, dass ich mit 40 Jahren noch nicht mit einem Bierbauch rumlaufe, noch fit bin und auch keine Angst vor einem zehnfachen Ultratriathlon habe. Körperlich sehe ich eigentlich nur bei der Regeneration gewisse Rückschritte, da war ich vor zehn Jahren noch etwas belastbarer. Ansonsten bin ich eher psychisch zimperlicher geworden. Meine Strategie, dem entgegenzuwirken, ist, einfach möglichst lange zu Schwimmen oder Rad zu fahren.

Image
Image

Richard Jung (*1982) ist zweifacher Ultratriathlon-Weltmeister. Der Deutsche wohnt mit seiner Frau und Tochter in Lörrach. Für die Weltmeisterschaft im Deca Continuous 2022 kehrt er nun wieder nach Buchs zurück. Am Swissultra teilgenommen, hat er bereits 2018 und 2016.